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Gründung einer psychotherapeutischen Praxis

von Helene Drexler (Herausgeber:in)
254 Seiten

In Kürze verfügbar

Zusammenfassung

Wenn angehende Therapeut:innen ihre eigene Praxis eröffnen, brauchen sie nicht nur eine gute fachliche Ausbildung, sondern auch umfangreiches Know-how zu Betriebsführung, Akquise, zur Einhaltung verschiedener berufsspezifischer Kodizes und nicht zuletzt Wissen über die professionelle Zusammenarbeit mit verschiedenen Berufsgruppen.

Damit die hohe Motivation nicht gleich zu Beginn getrübt wird, soll dieses Buch in wichtigen Fragen bei der Gründung einer eigenen Praxis behilflich sein.
In chronologischer Reihenfolge werden Themen wie „Schritte vor Eröffnung der Praxis“, „Start der Arbeit“, „Im Verlauf der Tätigkeit“ sowie „Arbeit mit spezifischen Gruppen“ behandelt und bieten zusammen einen übersichtlichen und hilfreichen Leitfaden für den Start in die Selbstständigkeit.

Die Beitragsautorinnen Helene Drexler, Sabine Dungl-Nemetz, Petra Ehart, Doris Fischer-Danzinger, Barbara Gawel, Sandra Hren, Doris Kisser, Andrea Legerer-Bratengeyer, Karin Matuszak-Luss, Brigitta Mühlbacher, Susanne Pointner und Karin Steinert sind (teilweise lehrende) Existenzanalytikerinnen, die selbst langjährig in selbstständiger Praxis tätig sind und entsprechende Expertise für ihre Beiträge mitbringen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Einleitung

Die Ausbildung zur Psychotherapeutin bzw. zum Psychotherapeuten ist ein langer Weg. Nach erfolgreich absolviertem Propädeutikum ist ein Fachspezifikum zu wählen – eine Therapieschule, die in ihrem Menschenbild und ihrer Methodik den angehenden Psychotherapeut:innen entspricht und ihnen geeignet erscheint, Menschen in schwierigen Situationen helfen zu können.

Nach einer Phase der theoretischen und persönlichen Ausbildung ist es soweit: Die Ausbildungskandidat:innen erreichen den langersehnten „Status“. Das heißt, sie dürfen sich fortan „Psychotherapeut:innen in Ausbildung unter Supervision“ nennen. Vor allem aber dürfen sie endlich das tun, was jahrelang ihr Ziel war, was sie motiviert hat, weder Kosten noch Mühen zu scheuen, nämlich Menschen in ihrer Entwicklung zu helfen, Probleme zu bewältigen oder pathologische Lebensstrukturen zu überwinden.

Der Schritt, sich als Psychotherapeut:in zu definieren, sich selbständig zu machen, eine Praxis zu eröffnen, ist ein großer. Unsicherheiten persönlicher, aber auch wirtschaftlicher und legistischer Natur begleiten ihn.

Neben der fachlichen und persönlichen Qualifikation haben die angehenden Psychotherapeut:innen eine Vielzahl von in den letzten Jahren entstandenen Gesetzen und Richtlinien für eine professionelle Ausübung des Berufs zu berücksichtigen.

Dieser Ratgeber wurde geschrieben, um angehenden Therapeut:innen durch die Fülle an relevanten Überlegungen und Paragrafen hindurchzuhelfen und den Weg zur praktischen Tätigkeit zu erleichtern. Die Themen erscheinen in der Reihenfolge, in der sie bei einer Praxisgründung in der Regel aufkommen, sodass das Buch als Leitfaden verwendet werden kann. Deshalb beginnen wir mit Überlegungen und Tätigkeiten, die noch vor der ersten Therapiestunde zu beachten und zu organisieren sind, und setzen fort mit wichtigen Aspekten, die ab der ersten tatsächlich abgehaltenen Therapiestunde im Fokus stehen. Danach gilt das Hauptaugenmerk der laufenden Berufstätigkeit sowie dem Umgang mit speziellen Situationen bzw. Patient:innengruppen.

Die Autorinnen sind Psychotherapeutinnen und Absolventinnen des Fachspezifikums Existenzanalyse. Es wurde aber bei der Gestaltung des Ratgebers Wert darauf gelegt, die Beiträge schulenübergreifend zu verfassen, sodass angehende Psychotherapeut:innen vieler Psychotherapieschulen darin Orientierung für ihre Praxisgründung finden können.

So hoffen wir, dass dieser Ratgeber eine wertvolle Unterstützung bietet, und wünschen Ihnen, die Sie den Weg zum Psychotherapeuten/ zur Psychotherapeutin eingeschlagen haben, viel Freude und Erfolg in diesem Beruf.

Wien, Februar 2023

Helene Drexler

Vor Eröffnung der Praxis

Die Praxiswahl und erste Anschaffungen

Helene Drexler

imagesEndlich! Der erste Schritt steht an: die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten (sofern Sie als angehende Therapeut:innen Ihrer Tätigkeit als Psychotherapeut:innen nicht in einer Institution nachgehen). Und damit kommen auch schon die ersten Entscheidungen auf Sie zu.

1Die erste Überlegung zu Beginn

imagesSoll der Start langsam und vorsichtig erfolgen oder ist ein Volleinstieg in die Selbständigkeit geplant? Die Beantwortung dieser Frage entscheidet über die Wahl der Räumlichkeit.

Im Fall eines langsamen Einstiegs empfiehlt sich die Einmietung in eine bereits bestehende Praxis. Die angebotenen Möglichkeiten reichen von stundenweiser über tageweise Raumbenützung bis hin zur Anmietung eines eigenen Raums innerhalb einer Praxisgemeinschaft, der dann nur dieser Psychotherapeutin/diesem Psychotherapeuten zur Verfügung steht.

Bei stunden- bzw. tageweiser Raumbenützung handelt es sich zumeist um bereits eingerichtete Räume, die nur für die vereinbarten Stunden bzw. Tage beansprucht werden können und auch anderen Kolleg:innen als Arbeitsplatz dienen.

Der Vorteil besteht darin, dass es keiner Investitionen bedarf, für die Instandhaltung des Raums sorgen die Vermieter:innen.

Als Nachteil erweist sich, dass die Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt bzw. nicht gegeben sind. Therapeut:innen, denen die eigene Handschrift im Raum ihrer Tätigkeit wichtig ist, müssen überlegen, ob die vorgegebene Einrichtung sowie das Platzangebot für Eigenes (Unterlagen etc.) ihren Bedürfnissen so weit entsprechen, dass sie sich in dem Raum wohlfühlen und ihrer Tätigkeit gut nachgehen können.

2Der Arbeitsplatz

Wenn für Sie die eigene Gestaltung und/oder die Möglichkeit, den Raum für sich allein in Anspruch zu nehmen, hohe Priorität hat, empfiehlt sich die Anmietung eines eigenen Raums. Damit eröffnet sich auch eine größere Flexibilität hinsichtlich der Stundenvereinbarungen mit den Patient:innen.

Der Nachteil hierbei: Der Preis ist fast immer auf einen ganzen Monat bezogen. Damit steigen die Fixkosten und der Druck, auf eine entsprechende Zahl abgehaltener Stunden zu kommen.

Angehende Psychotherapeut:innen, die mit Erreichen des Status voller Zuversicht sind, in diesem Beruf ihre Erfüllung zu finden und sich darin zu etablieren, werden möglicherweise nach eigenen Räumlichkeiten Ausschau halten. In diesem Fall sind neben Gefallen und Leistbarkeit bezüglich der zukünftigen Praxis auch rechtliche Aspekte zu beachten.

3Barrierefreiheit

imagesAb dem 1.1.2016 ist gemäß Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) eine umfassende Zugänglichkeit der Umwelt, von Waren und Dienstleistungen sowie zu Information und Kommunikation zu gewährleisten, sodass alle Menschen, auch ältere oder Menschen mit Behinderungen, die gleichen Nutzungschancen haben.

Psychotherapeut:innen, deren Tätigkeit unter „Dienstleistung“ fällt, müssen dafür Sorge tragen, dass die Räumlichkeiten sowie ihre Informations- und Kommunikationsformen auch für ältere und behinderte Menschen zugänglich sind.

Für die Räumlichkeiten bedeutet das im Einzelnen: Der unmittelbare Zugang zum Gebäude, im Gebäude und in den Praxisräumlichkeiten muss behindertengerecht sein. Stufen vor dem Eingangsbereich bedürfen einer Rampe, die rollstuhlgerecht angelegt ist. Im Gebäude sind Stufen durch einen Lift umgehbar. In der Praxis ist auf die Türstockbreite zu achten, die die Durchfahrt mit einem Rollstuhl gewährleistet.

Das Gesetz sieht aber auch den Passus der Zumutbarkeit vor. So müssen Gebäude, die nach dem 1.1.2016 baubewilligt wurden, barrierefrei errichtet werden. Gebäude älteren Datums sind von einer Beseitigung möglicher Barrieren ausgenommen, wenn damit unverhältnismäßige Belastungen einhergingen. Unverhältnismäßige Belastungen bestehen, wenn entweder der Aufwand zu hoch oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Dienstleister:innen, also der Therapeut:innen, als zu niedrig anzusehen ist. In einem Altbau beispielsweise einen Lift einzubauen, was einen Neubau des Stiegenhauses erfordern würde, überstiege mit hoher Wahrscheinlichkeit den zumutbaren Aufwand.

Doch auch wenn große Baumaßnahmen unter die Kategorie Unzumutbarkeit fallen, so sind laut Gesetz zumindest Maßnahmen zu ergreifen, die zumutbar sind und eine größtmögliche Annäherung an eine Gleichbehandlung bewirken (Rogenhofer, 2015).

imagesIn jedem Fall ist es ratsam, vor Kauf oder Anmietung einer Immobilie die Verhältnisse hinsichtlich des Behindertengleichstellungsgesetzes genau zu prüfen und notwendige Adaptierungen in die finanzielle Planung einzubeziehen.

Wie erwähnt, meint „Barrierefreiheit“ nicht nur die Beseitigung räumlicher Handicaps, sondern auch die „Barrierefreiheit“ beim Zugang zu Informationen. Für Psychotherapeut:innen ist insbesondere relevant, dass dies sich auch auf Systeme der Informationsverarbeitung bezieht. Demnach haben laut Rogenhofer, juristischer Berater des ÖBVP, Psychotherapeut:innen ihre Webseite barrierefrei zu gestalten, sodass sie zum Beispiel sehbehinderten Menschen zugänglich ist.

4Zustimmung

Bevor Sie einen Vertrag unterschreiben oder mit Investitionen beginnen, setzen Sie unbedingt Hausverwaltung (bei Miete) und Eigentümer (-gemeinschaft) (bei Kauf der Immobilie) über Ihre Absicht, hier eine psychotherapeutische Praxis zu eröffnen, in Kenntnis.

Sie ersparen sich überflüssige Wege, wenn die Hausverwaltung von vornherein über Ihre Absicht im Bilde ist und der Mietvertrag eine geschäftliche/psychotherapeutische Nutzung des Objekts erlaubt. Noch wichtiger ist die Deklaration der Nutzung im Fall eines Eigentums. Denn Wohnungseigentümer:innen haben das Recht, über die Nutzung einer Wohnung in „ihrem Haus“ mitzubestimmen. Ein Veto zur Nutzung einer Wohneinheit als psychotherapeutische Praxis – wenn auch möglicherweise aus fragwürdigen Gründen, wie etwa: „Da kommen Verrückte ins Haus!“ – verfügt durchaus über Realitätspotenzial. Je früher Sie Kenntnis über eine solche Argumentation haben, umso eher können Sie ohne Verluste nach einem anderen Refugium Ausschau halten.

5Deklaration Ihrer Tätigkeit

imagesWie im „Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten“ sowie in der sogenannten Werberichtlinie festgehalten, besteht für Psychotherapeut:innen im Geschäftsverkehr eine Deklarationspflicht. Das bedeutet, dass bei jedem Schriftstück, im E-Mail-Verkehr, auf Honorarnoten, Visitenkarten, Foldern oder etwa am Praxisschild der Name und die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut:in“ anzuführen sind.

Wenn Sie die Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben und „im Status“ sind, ist der Zusatz „in Ausbildung unter Supervision“ hinzuzufügen. Dieser darf zum besseren Verständnis für Personen, die auf der Suche nach einer geeigneten Therapie sind, nicht abgekürzt werden.

Zusätzlich besteht die Berechtigung, die methodenspezifische Ausrichtung, in der die Psychotherapieausbildung absolviert wurde bzw. wird, als Zusatzbezeichnung hinzuzufügen.

Darüber hinaus können weitere Informationen ergänzt werden:

Adresse

Telefonnummer

akademische Grade

Zusatzbezeichnungen

Krankenversicherungen

Hinweise auf das Setting (Einzel-, Gruppen-, Paar- oder Familientherapie)

Hinweise auf allfällige Spezialisierungen für bestimmte Altersgruppen und Sprachkenntnisse sowie Arbeitsschwerpunkte (z. B. Arbeit mit Suchtkranken)

allfällige Mitgliedschaften

Sprechstundenzeiten

Wenn auch andere Berufe im psychosozialen Bereich ausgeübt werden, wie etwa Klinische Psychologie, Medizin oder Sozialarbeit, dürfen diese ebenfalls angegeben werden, allerdings unter entsprechender Abhebung von den Informationen zum Beruf als Psychotherapeut:in.

Nun zu einigen Details:

6Das Praxisschild

imagesIm Psychotherapiegesetz (PthG) ist das Praxisschild nicht explizit geregelt. Jedoch geht aus der Werberichtlinie des Ministeriums hervor, dass im Sinne einer Markttransparenz im Berufsverkehr sich die Führung der Berufsbezeichnung auch auf den Ort der Berufsausübung erstreckt. Deshalb ist dieser Ort durch ein Schild mit Namen und Berufsbezeichnung auszuweisen, allfällig ergänzt durch die zuvor genannten Zusatzinformationen.

Ein solches Schild soll zwar das Angebot einer Psychotherapie sichtbar machen, allerdings entsprechend den rechtlichen Rahmenbedingungen und dem ethischen Standard (Psychotherapiegesetz, Werberichtlinie). Das heißt, es muss sachlich und wahrheitsgemäß gestaltet sein; irreführende und diskriminierende oder das Ansehen des Berufsstands beeinträchtigende Aussagen und Darstellungen sind zu unterlassen. Kurz gesagt: Es darf kein marktschreierischer Eindruck entstehen (Pawlowsky, 2017).

„Marktschreierisch“ meint z. B.:

ein übergroßes Schild, das ortsunüblich ist

blinkende Beleuchtung (Beleuchtung an sich ist hingegen als Sichtbarmachen des Angebots einzustufen und entspricht damit den Richtlinien)

ein Schild, das in jedem Stock eines Gebäudes angebracht ist

Aussagen, die die Psychotherapeutin/den Psychotherapeuten bzw. ihr Angebot als einziges, bestes etc. anpreisen

Bei Überlegungen hinsichtlich der Gestaltung ist laut Werberichtlinie fachlichen Gesichtspunkten immer der Vorrang zu geben gegenüber kommerziellen Gesichtspunkten.

imagesNoch ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang bezieht sich auch auf Webseiten, Visitenkarten und Folder: Berufsferne Angebote sind strikt zu unterlassen. Dazu zählen Astrologie, Reiki, Aromatherapie, Bachblüten etc. (siehe Richtlinie zur Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen und religiösen Methoden).

7Der Stempel

Honorarnoten werden zumeist, so sie keinen Briefkopf haben, mit einem Stempel versehen.

imagesEin Briefkopf, auf dem alle nötigen und als wichtig erachteten Informationen bereits vorgedruckt sind, erspart den Stempel.

Hinsichtlich der Angaben gelten entsprechend Deklarationspflicht und Werberichtlinie die gleichen Vorgaben.

imagesFalls Sie einmal den Stempel vergessen haben: Schrecken Sie sich nicht, die nötigen Angaben können auch händisch auf eine Honorarnote oder ein geschäftliches Schriftstück geschrieben werden.

8Die Honorarnoten

imagesAn dieser Stelle sollen nur zwei grundsätzliche Aspekte Erwähnung finden, die für die Rechnungslegung von der ersten Stunde an zu berücksichtigen sind. Steuerrechtliche Details, die für eine korrekte Buchhaltung relevant sind, werden im Kapitel „Versicherungen, Steuern und Buchhaltung“ (siehe S. 56) ausführlich beschrieben.

1)Name und Adresse der Auftraggeberin/des Auftraggebers: Bei Rechnungen über 400 Euro sind Name und Adresse der Person, an die die Rechnung gestellt wird, anzugeben. Bei Rechnungen für Psychotherapie gilt allerdings eine spezielle Ausnahme, da Psychotherapie einer absoluten Schweigepflicht aufseiten der Psychotherapeut:innen unterliegt: Die Patient:innen erhalten das Original der Rechnung mit ihrem Namen, sodass sie diese zum Beispiel bei der Krankenkasse einreichen können. Auf der Rechnungskopie, die in der Buchhaltung der Therapeut:innen verbleibt, ist der Name durch einen Code zu ersetzen (zum Beispiel die Initialen der Patient:innen, den Vornamen oder einen dem Alphabet nach zugeordneten Buchstaben).

2)Die Summe der Endrechnung: Beträgt die Rechnungssumme nicht mehr als 400 Euro, so genügen Name und Adresse des Unternehmens (also der Psychotherapeutin/des Psychotherapeuten), Menge und Art der Leistung, Tag oder Zeitraum der Leistung und Datum der Rechnung. Ab einer Summe von 400 Euro braucht es auch eine fortlaufende Rechnungsnummer. Hierbei besteht die Möglichkeit, sämtliche Rechnungen fortlaufend zu zählen, egal welcher Zielgruppe oder Leistungsart sie zuzuordnen sind. Es können aber auch mehrere separate Zählkreise geführt werden, sei es für unterschiedliche Leistungen (Therapie, Beratung, Supervisionen, Coaching), Orte der Leistungserbringung oder Zielgruppen (Patient:innen, Supervisand:innen). Eine solche Nummerierung in unterschiedlichen Zählkreisen hat allerdings den Nachteil, dass Therapeut:innen mehrere Listen, Rechnungsblöcke oder Exceltabellen führen und immer darauf achten müssen, für welche Gruppierung sie gerade Honorarnoten erstellen.

9Kommunikationswege

9.1Kommunikation mit Patient:innen per Telefon

Vor dem Start der Tätigkeit ist die wichtige Frage zu beantworten, ob ein einziges Handy für berufliche und auch private Zwecke benutzt wird oder getrennte Handys.

imagesGerade seit der Datenschutz-Grundverordnung von 2016 hat eine getrennte Handhabung Vorteile: So ist im beruflichen Kontext die Installation von Apps verboten, die nicht dem Datenschutzgesetz (DSG) entsprechen, z. B. WhatsApp. Viele von uns können sich eine Handynutzung, ohne jederzeit Freund:innen ein Foto zu schicken, nicht mehr vorstellen. Mit nur einem Handy für Beruf und Privates ist das nicht möglich! (Genauere Hinweise zum Datenschutz finden sich in den Kapiteln „Ethische Richtlinien, Berufskodex“ auf S. 74 und „Zusammenarbeit von Psychotherapeut:innen mit Ärzt:innen und Vertreter:innen anderer Berufsgruppen“ auf S. 94.)

images Ein weiterer Vorteil einer getrennten Handhabung liegt darin, die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben klar ziehen zu können.

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Stellen Sie sich vor: Sie vergnügen sich mit Freund:innen am Pool. Das Handy läutet. Im Hintergrund erschallt das Gelächter und Gegröle der Partygesellschaft, während Ihre Patientin weinend um eine Krisensitzung bittet.

imagesJe nach Tätigkeit bzw. Zeitpunkt bleibt das eine oder das andere Handy ausgeschaltet (abgesehen von Vereinbarungen in Krisensituationen, siehe dazu das Kapitel „Besondere Situationen im psychotherapeutischen Alltag“, S. 152). Möglich ist außerdem, dass Sie am Berufshandy nur zu festgelegten Sprechzeiten direkt erreichbar sind.

Hinsichtlich des Textes für die Mailbox gilt es zu beachten, dass auch hier – falls Sie noch in Ausbildung stehen – der Hinweis „in Ausbildung unter Supervision“ zu geben ist. Oftmals beinhalten Mailboxtexte das Versprechen, die Anrufer:innen „umgehend“ oder „baldigst“ zurückzurufen. Um bei Patient:innen nicht von vornherein Enttäuschungen durch die Erwartung eines „umgehenden“ Anrufs und Misstrauen in die Verlässlichkeit der Therapeut:innen zu riskieren, empfiehlt sich eine Abstimmung des Textes mit Ihren realistischen Möglichkeiten.

imagesSchon vor den ersten Telefonaten als Psychotherapeut:in (in Ausbildung unter Supervision) braucht es eine eingehende Auseinandersetzung mit Inhalt und Dauer der Telefonate. Abhängig davon, ob es sich um eine erste Therapieanfrage handelt oder um eine Terminvereinbarung, -bestätigung bzw. -absage, sind unterschiedlich ausführliche Informationen auszutauschen. Darauf wird in den Beiträgen „Setting“ (S. 24), „Ethische Richtlinien, Berufskodex“ (S. 74) und „Die digitale Praxis“ (S. 108) detailliert eingegangen.

Prinzipiell besteht die Möglichkeit, eine Therapiestunde via Telefon abzuhalten. Die Gründe hierfür sollten jedoch genau analysiert werden. Sind Patient:innen gerade verreist oder bettlägerig und möchten dennoch ihre Therapiestunde einhalten, so kann das für die Abhaltung einer Telefonstunde sprechen. Eine andere Situation ist gegeben, wenn Sie bemerken, dass seitens der Patient:innen immer wieder auf Telefonate ausgewichen wird. Dies bietet Anlass für einen gemeinsamen kritischen Blick auf die Beweggründe.

9.2Kommunikation mit Patient:innen per Internet

Die Tätigkeit als Psychotherapeut:in ist derzeit immer noch ohne die Nutzung eines Computers möglich: Sie vereinbaren Termine per Handy, stellen Rechnungen auf Papier aus und verzichten auf Werbung mittels Webseite. Viele, besonders jüngere Kolleg:innen werden eine Kommunikation mit Patient:innen über E-Mail und die Selbstpräsentation auf einer Webseite jedoch als unverzichtbar ansehen.

9.3Kommunikation per E-Mail

imagesDie Kommunikation mit Patient:innen via Internet unterliegt den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Passwörter und Verschlüsselungen sind unumgänglich und werden im Kapitel zum Datenschutz erörtert (siehe S. 88 ff. und auch S. 120 f.).

imagesDarüber hinaus hält die Internetrichtlinie des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz für die Kommunikation mit Patient:innen unter Punkt 2.2 (S. 12) fest: „Die Verwendung der E-Mail für psychotherapeutische Beratung via Internet wird daher regelmäßig nur zum Zwecke der Erst- und Allgemeininformation sowie zur Terminvereinbarung zulässig sein.“ In der Richtlinie wird die persönliche und unmittelbare Berufsausübung der Psychotherapeut:innen betont, welcher die E-Mail aufgrund der zeitlichen Differenz nicht entspricht. Somit dient die Kommunikation per E-Mail lediglich formalen Vereinbarungen.

9.4Die Webseite

imagesDer erste Schritt zu einer Praxis-Webseite besteht in der Sicherung einer Domain. Diese sollte je nach Verfügbarkeit möglichst eindrücklich und leicht zu merken sein. Auch hier sind die Richtlinien für das Auftreten in der Öffentlichkeit zu beachten. Bei der Namenssuche müssen Wahrheitsgehalt, Sachlichkeit und Ethik sichergestellt sein. Gleiches gilt für die formale und inhaltliche Gestaltung (Details dazu im Kapitel „Selbstpräsentation und Werbung“ auf Seite 40).

imagesVergessen Sie darüber hinaus nicht das Impressum! Dieses gibt Auskunft über die für den Inhalt der Webseite verantwortliche Person. Maßgeblich für die Webseite von Psychotherapeut:innen ist das E-Commerce-Gesetz (ECG). Die Informationspflicht nach dem ECG bezieht sich auf alle kommerziellen Webseiten, unabhängig davon, ob dort Waren vertrieben werden oder sich ein Unternehmen präsentiert.

imagesAchtung: Wenn Sie im Internet Informationen zur Gestaltung eines Impressums suchen, kommen Sie häufig zu Seiten der Wirtschaftskammer (https://www.wko.at), die sich auf die Gewerbeordnung und das Unternehmensgesetzbuch stützt. Die Gewerbeordnung trifft auf Psychotherapeut:innen aber nicht zu. Darüber hinaus ist eine gebührenpflichtige Eintragung ins Firmenbuch für Psychotherapeut:innen nicht nötig. Mit einer solchen sind keine Vorteile verbunden – es sei denn, man erwägt sie aus Repräsentationsgründen.images

Nach dem ECG sind folgende Angaben im Impressum verpflichtend:

volle geografische Anschrift der Praxis

die spezielle Berufsbezeichnung

der Staat, in dem diese verliehen wurde

Kontaktdaten, über die Nutzer:innen einfach und rasch mit der verantwortlichen Person in Verbindung treten können: Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Web-Formular

die Aufsichtsbehörde: Hier ist die Behörde anzugeben, die für die Ausstellung der Berufsbewilligung zuständig ist, im Falle der Psychotherapeut:innen das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.

Hinweis auf bzw. Zugang zu berufsrechtlichen Vorschriften (z. B. Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten)

imagesUID-Nummer (Umsatzsteueridentifikationsnummer), sofern Sie neben der psychotherapeutischen Tätigkeit, die unecht umsatzsteuer befreit ist, umsatzsteuerpflichtige Umsätze (z. B. für Supervisionen) über 35 000 Euro jährlich erzielen (siehe das Kapitel „Versicherungen, Steuern und Buchhaltung“, S. 56).

imagesZusätzlich bestimmt seit 2012 das Mediengesetz in § 25 Offenlegungspflichten, die die Inhaber:innen von Webseiten und Versender:innen von Newslettern einzuhalten haben. Das Gesetz unterscheidet zwischen kleinen Webseiten bzw. Newslettern und großen. In der Regel trifft auf Psychotherapeut:innen die kleine Variante zu.

Kleine Webseiten und Newsletter dienen der Präsentation der Medieninhaber:innen, beinhalten aber keine redaktionellen Beiträge. Die notwendigen Angaben zur verantwortlichen Person sind hier bereits durch das E-Commerce-Gesetz erfasst: Name/Firma der Medieninhaber:innen, Unternehmensgegenstand und Sitz der Medieninhaber:innen. Eine große Webseite bzw. ein großer Newsletter enthält auch redaktionelle Beiträge. In diesem Fall bedarf es zusätzlich einer Erklärung der grundsätzlichen Ausrichtung des Mediums.

imagesEine Webseite ohne Impressum ist häufig Ziel von Beschwerden bei Berufsverbänden und dem Ministerium. Bitte beachten Sie, dass das Fehlen zu einer Anzeige und einer Verwaltungsstrafe führen kann.

Auch unter Berücksichtigung der genannten Kriterien sind die Gestaltungsmöglichkeiten groß und der Kreativität steht ein weites Feld offen. Geschmäcker sind bekanntlich sehr verschieden und so werden manche Interessent:innen unmittelbar auf romantische Bilder ansprechen, andere auf sachliche Texte. Zu überlegen ist aber – unabhängig von den genannten Richtlinien –, welches Bild man von sich bzw. vom Berufsstand der Psychotherapeut:innen in der Gesellschaft vermitteln möchte. Da der Beruf der Psychotherapie zu den erst in jüngerer Zeit entstandenen gehört und ihm noch nicht ein traditionelles Ansehen anhaftet, sind die Überlegungen der einzelnen Psychotherapeut:innen zu ihrem professionellen Auftritt umso wichtiger.

imagesLiteratur

Kierein, M., Pritz, A. & Sonneck, G. (1991). Psychologengesetz. Psychotherapiegesetz. Kurzkommentar. Wien: Orac.

Pawlowsky, G. (2017). PsychotherapeutInnen und Öffentlichkeitsarbeit. WLP news. Zeitschrift des Wiener Landesverbandes für Psychotherapie, 3–4, 11–12.

Rogenhofer, R. (2015). Ist meine Praxis schon barrierefrei? Wozu bin ich verpflichtet, was ist möglich, was ist zumutbar? NEWS. Das Magazin des ÖBVP, 12, 8–9.

Rogenhofer, R. (2017). Das Praxisschild. NEWS. Das Magazin des ÖBVP, 7, 15– 16.

imagesGesetze und Richtlinien

Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. BMSGPK, 2020. Abrufunterhttps://www.sozialministerium.at/dam/jcr:dea97f39-8567-4677a84b-747fc49612a2/Berufskodex.pdf (9.1.2022).

Dokumentationsrichtlinie. Richtlinie des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aufgrund eines Beschlusses des Psychologenbeirats. BMSGPK, 2020. Abruf unter https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:f1b2c3a6-41d2-4cff-8c4f-c3778c6378e1/Dokumentationsrichtlinie20(Stand20202020Juni).pdf (9.1.2022).

Internetrichtlinie. Kriterien zur Ausgestaltung der psychotherapeutischen Beratung via Internet. BMSGPK, 2020. Abruf unter https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Medizin-und-Gesundheitsberufe/Berufe-A-bis-Z/Psychotherapeutin,-Psychotherapeut.html (9.1.2022).

Richtlinie zur Frage der Abgrenzung der Psychotherapie von esoterischen, spirituellen, religiösen und weltanschaulichen Angeboten sowie Hinweise für PatientInnen bzw. KlientInnen. BMSGPK, 2014. Abruf unter https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Medizin-und-Gesundheitsberufe/Berufe-A-bis-Z/Psychotherapeutin,-Psychotherapeut.html (9.1.2022).

Werberichtlinie. Richtlinie über das Verhalten in der Öffentlichkeit auf Grundlage des Gutachtens des Psychotherapiebeirats vom 14.12.2010. BMSGPK, 2020. Abruf unter https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:95ea8ea0-a287-404e-920c-068546670dab/Werberichtlinie_22.11.2019,%20barrierefrei.pdf (9.1.2022).

Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz – BGStG. Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. BGBl. I Nr. 82/2005. RIS, Bundesrecht konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20004228 (9.1.2022).

Datenschutzgesetz – DSG. Bundesgesetz zum Schutz natürlicher Personen bei Verarbeitung personenbezogener Daten. BGBl. I Nr. 165/1999. RIS, Bundesrecht konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=bundesnormen&Gesetzesnummer=10001597 (9.1.2022).

E-Commerce-Gesetz – ECG. Bundesgesetz, mit dem bestimmte rechtliche Aspekte des elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehrs geregelt werden. BGBl. I Nr. 152/2001. RIS, Bundesrecht konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzenummer=20001703 (9.1.2022).

Mediengesetz – MedienG. Bundesgesetz vom 12. Juni 1981 über die Presse und andere publizistische Medien. BGBl. Nr. 314/1981. RIS, Bundesrecht konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000719 (9.1.2022).

Psychotherapiegesetz – PthG. Bundesgesetz vom 7. Juni 1990 über die Ausübung der Psychotherapie. BGBl. Nr. 361/1990. RIS, Bundesrecht konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010620 (9.1.2022).

Umsatzsteuergesetz 1994 – UStG 1994. Bundesgesetz über die Besteuerung der Umsätze. BGBl. Nr. 663/1994 idF BGBl. Nr. 819/1994. RIS, Bundesgesetz konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10004873 (9.1.2022).

Unternehmensgesetzbuch – UGB. Bundesgesetz über besondere zivilrechtliche Vorschriften für Unternehmen. RIS, Bundesrecht konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001702 (9.1.2022).

Wohnungseigentumsgesetz 2002 – WEG 2002. Bundesgesetz über das Wohnungseigentum. BGBl. I Nr. 70/2002 idF BGBl. I Nr. 114/2002. RIS, Bundesrecht konsolidiert. Abruf unter https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20001921 (9.1.2022).

Setting

Barbara Gawel

Im Zusammenhang mit Psychotherapie sprechen wir oft über das therapeutische Setting. Aber was ist das eigentlich genau und was gehört alles dazu?

imagesDas Setting ist der notwendige Rahmen, damit Psychotherapie gut, störungsfrei und professionell stattfinden kann. Bei der Gestaltung des Settings haben wir sowohl die Patient:innen im Blick als auch die Therapeut:innen. Die Gestaltung und Klärung des Settings ist u. a. im Berufskodex für Psychotherapeut:innen festgelegt (BMSGPK, 2020). Der Berufskodex versteht sich als „Konkretisierung, Interpretation und Ergänzung zu den gesetzlich festgeschriebenen Berufspflichten“ (Vorwort, S. 4).

Formale Aspekte des Settings müssen innerhalb des Erstgesprächs mit den Patient:innen besprochen werden. Diese Besprechung ist zu dokumentieren.

imagesZur Gestaltung des Settings gehören folgende Punkte:

1) räumliche Bedingungen: was vor Ort zu beachten ist

2) die Anbahnung der Psychotherapie

3) Psychotherapeut:in und Patient:in lernen sich kennen

4) Zusammenarbeit mit anderen Professionist:innen und Angehörigen

5) Grundhaltung und Verlauf der Gespräche

1Räumliche Bedingungen: Was vor Ort zu beachten ist

Es ist für Therapeut:innen und Patient:innen gleichermaßen wichtig, dass ein Raum zuverlässig zur Verfügung steht. Das kann manchmal schwierig sein, wenn man etwa nur stundenweise in einem Praxisraum eingemietet ist und die Kolleg:innen vorher ihre Einheit überziehen mussten. Therapeut:innen haben sicherzustellen, dass der Raum zeitgerecht verfügbar und auch in einem nutzbaren Zustand ist. Die Therapeut:innen müssen sich auf ihre Arbeit einstimmen und sich einlassen können. Die Patient:innen wiederum brauchen einen Raum, der einladend und offen ist, damit sie sich selbst öffnen und auf sich besinnen können. Ebenso benötigen sie Zeit und Ruhe, um ankommen und in den Prozess finden zu können. Es ist daher wichtig, dass Therapeut:innen rechtzeitig vor Beginn einer Einheit da sind, dass der Raum gelüftet und sauber ist. Ebenso ist auf die Einhaltung der Stundendauer zu achten, damit nachfolgende Patient:innen nicht lange warten müssen oder zu wenig Zeit bekommen.

Zwischen den Einheiten sollte unbedingt gelüftet werden. Einerseits dient das der Hygiene, der Versorgung mit ausreichend Sauerstoff und einer guten Arbeitsatmosphäre. Es hat aber auch symbolischen Wert: Der Raum wird quasi gereinigt und für die nächste Begegnung vorbereitet.

Die Ausstattung des Therapieraumes kann etwas sehr Lustvolles sein. Er soll einladend wirken, man soll sich wohlfühlen können. Therapeut:innen schaffen einen Raum, in dem sie sich gut fühlen und den sie den Patient:innen zur Verfügung stellen, um darin gemeinsam zu arbeiten. Das bedeutet, dass Therapeut:innen den Raum nach ihren Vorstellungen einrichten, ohne dass er zu privat wirkt, also nicht wie ein persönliches Wohnzimmer, aber auch nicht wie ein kühles Büro. Es geht darum, eine angenehme, offene Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Dabei sollten Therapeut:innen Farben wählen, die sie den ganzen Tag lang anschauen können. Zu entscheiden ist, ob Pflanzen im Raum stehen und welche Beleuchtung, Bilder oder Wandgestaltungen zusagen. Bezüglich Familienfotos gilt es zu bedenken, dass diese auf die Patient:innen eine gewisse Wirkung haben und sie dadurch zum Nachfragen animiert werden können. Das verschafft also möglicherweise einen zu großen Einblick in das Privatleben der Therapeut:innen.

Auch die Auswahl und Stellung der Sitzgelegenheiten sollte überlegt werden. In welchen Sitzmöbeln kann man angenehm sitzen und gut arbeiten? Therapeut:innen müssen mitbedenken, dass sie den ganzen Tag in diesem Stuhl verbringen. So summieren sich schnell mehrere Jahre in einem Sitzmöbel, was sich orthopädisch auswirken kann. Ebenso kommen vermutlich Patient:innen unterschiedlichen Alters in die Praxis. Es ist daher wichtig, über folgende Fragen nachzudenken:

imagesKönnen auch ältere oder verletzte Patient:innen gut sitzen? Beziehungsweise können sie gut wieder aufstehen? Gibt es eventuell auch härtere Stühle als Alternative?

Ist der Raum groß genug, um Stühle zu verschieben, damit ein Rollstuhl Platz findet?

Soll eine Couch aufgestellt werden, um mehreren Personen Platz zu bieten, etwa bei einem Angehörigengespräch oder wenn Eltern ihre Kinder zu einem Elterngespräch begleiten? Couches bieten sich auch an, wenn übergewichtige Patient:innen eventuell Schwierigkeiten mit engen Armlehnen haben.

Eine weitere Überlegung gilt dem Bezugsmaterial der Möbel, das pflegeleicht, eventuell desinfizierbar oder abwaschbar und trotzdem bequem sein sollte. Das trifft allgemein zu, aber vor allem wenn man Kindertherapien anbietet.

Falls es die Größe des Raumes zulässt, stellt man verschiedene Sitzmöbel auf, sodass die Patient:innen sich aussuchen können, wo sie sitzen möchten.

Die Sitzgelegenheiten sollten so verteilt werden, dass jede Person genügend Raum hat, es aber nicht distanziert wirkt. Stehen sie unmittelbar vis-à-vis, kann dies als zu direkt oder zu nah empfunden werden. Positioniert man die Sitzmöbel aber in einem leichten Winkel zueinander, so öffnet sich ein Raum, in dem man sich nicht immer ansehen muss, die Möglichkeit zum freien Nachdenken erhält und sich dennoch zugewandt ist.

imagesFür unterschiedliche Therapierichtungen und Therapieangebote sind die räumliche Gestaltung und eine gewisse Raumgröße zu bedenken. Muss ausreichend Platz für eine Couch vorhanden sein? Oder zum Aufstellen mehrerer Stühle, wenn mit Gruppen gearbeitet wird? Gibt es genügend freie Bodenfläche, um Decken und Matten auflegen zu können, wenn man körperorientiert arbeitet? Wie möchte man den Raum gestalten für Kindertherapie (siehe das Kapitel „Wahl und Ausstattung der Praxis sowie rechtliche Aspekte bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“, S. 170). Und gibt es ausreichend Stauraum, um nötiges Material zwischen den Therapieeinheiten aufzuräumen?

Therapeut:innen können sich auch überlegen, ob sie einen kleinen Tisch, einen Hocker oder Ähnliches hinstellen, auf dem eine Packung Taschentücher oder ein Glas Wasser für die Klient:innen Platz finden. Günstig kann zudem ein kleiner Schreibtisch in der Praxis sein, auf dem Formalitäten wie Honorarnoten und Rechnungsbelege bearbeitet werden.

Eine Uhr im Raum ist für die Therapeut:in praktisch, weil der Blick auf die Armbanduhr von Patient:innen mitunter als Zeichen der Langeweile oder Ungeduld aufgefasst wird. Aber wo platziert man die Wand- oder Tischuhr? Hier gibt es die Möglichkeit, dass die Patient:innen die Uhr auch sehen. Das hat den Vorteil, dass sie sich orientieren können, wie viel Zeit verbleibt, um sich vielleicht besser zu fassen und zu begrenzen. Für manche Patient:innen kann es allerdings nachteilig sein und ablenken, nämlich dann, wenn sie Schwierigkeiten haben sich einzulassen oder sie sich darauf konzentrieren, wie die Zeit vergeht. Wichtig ist, dass Therapeut:innen die Zeit gut im Blick haben und die Dauer der Einheit einhalten. Patient:innen müssen eventuell schon ein paar Minuten vor Schluss darauf hingewiesen werden, dass die Einheit sich dem Ende nähert, damit sie nicht aus einem tiefen Thema gerissen werden oder noch ein schwieriges Thema aufwerfen.

Sind während der Therapieeinheit Getränke anzubieten? Stellt man einen Krug oder eine Flasche mit Wasser und Gläser zur Verfügung, können sich Patient:innen nach Wunsch selbst bedienen. Bei Patient:innen, die sich mit der Selbstfürsorge schwertun, ist es gut, ein Glas Wasser anzubieten.

imagesAchtung: Beim Anbieten von Kaffee könnte eine Art Kaffeehausatmosphäre entstehen, sodass sich der Fokus vom professionellen, verbindlichen therapeutischen Gespräch hin zur unverbindlichen Plauderei verschiebt.

Das Telefon sollte möglichst während der Einheiten stummgeschaltet sein, sodass das Eingehen von Anrufen und Benachrichtigungen Patient:innen und Therapeut:innen nicht unnötig stört.

Ein weiterer Punkt, der zum Setting gehört, ist die Kleidung von Therapeut:innen. Das ist ein Thema, welches man wie alle anderen breit diskutieren kann. Da kommen persönliche Geschmäcker, Stile und Lebenseinstellungen zusammen. Vorsicht ist bei zu engen oder zu kurzen Kleidern geboten, die möglicherweise auf Patient:innen eine ablenkende Wirkung haben. Die Kleidungswahl sollte in jedem Falle achtsam überlegt werden.

2Die Anbahnung der Psychotherapie

Meistens melden sich neue Patient:innen per Telefon. Wenn sie per E-Mail Kontakt aufnehmen, ist es empfehlenswert, ihnen die Praxisnummer zu schicken und sie zu einem kurzen Telefonat einzuladen. Dieses erste Gespräch bietet sich an, um grundlegende Fragen zu klären und eine therapeutische Haltung zu vermitteln.

Als Therapeut:in ist es wichtig, eine bestimmte Haltung bei diesem Telefonat einzunehmen. Dafür lassen sich die „3 Bs“ benennen:

bereit: offen, freundlich, annehmend, nicht fordernd

behutsam: nicht zu schnell, sich jedes Urteils enthaltend

bestimmt: die Führung behaltend, das Gespräch kurzhaltend, auf den Punkt bringend, Sicherheit durch Klarheit vermittelnd (Längle, 2011)

Was ist anzufragen, wenn sich Patient:innen per Telefon melden:

imagesWas ist das Problem? Worum geht es? Ein Stichwort, eine kurze Schilderung reicht hier unbedingt aus, es sollte nicht gleich in ein erstes Therapiegespräch übergehen. Außerdem ist zu erfragen, ob die Anrufer:innen im Moment in der Lage sind, über ihr Anliegen zu sprechen. In Anwesenheit von Kolleg:innen im Büro oder zu Hause neben Familienmitgliedern können sie womöglich nicht offen reden. Gleich diese erste Frage zeigt Therapeut:innen auch, ob sie sich in der Lage sehen, eine Therapie zu diesem Thema anzubieten. Es geht um eine ehrliche Selbstprüfung im Sinne von: Kann ich als Therapeut:in diese Patientin/diesen Patienten übernehmen? Traue ich mir das Thema zu? Habe ich Zeit und Kraft? Und falls Unsicherheit besteht: Habe ich begleitende Supervisionsmöglichkeiten?

Wie hoch ist die Dringlichkeit? Auch hier müssen Therapeut:innen ehrlich prüfen, ob sie sich dieser Patient:innen ihrer Dringlichkeit entsprechend annehmen können. Wenn etwa eine Gefahr ersichtlich ist und man Patient:innen im Augenblick nicht selbst übernehmen kann, dann gilt es, diese dringend weiterzuschicken: an Ambulanzen, den Psychosozialen Dienst oder an Kolleg:innen, von denen man zuverlässig weiß, dass sie gerade Patient:innen aufnehmen können. Das ist wichtig, damit die Patient:innen tatsächlich in der Therapie ankommen und nicht auf dem Weg dahin den Mut verlieren. Ergibt sich aus dem, was man am Telefon erfahren hat, dass man als Therapeut:in nicht in Frage kommt, sollte eine konkrete Empfehlung überlegt werden: Wo kann die Patientin/der Patient das bekommen, was sie/er sucht und braucht?

Eventuell kann noch die Dauer des Problems erfragt werden: Wie lange besteht das Problem bereits? Haben Sie deswegen schon einmal Hilfe in Anspruch genommen? Waren Sie deswegen schon einmal in (stationärer) Behandlung? Die entsprechenden Antworten ergänzen das Gesamtbild, das sich für Therapeut:innen ergibt.

Terminvereinbarung: Das Ziel ist, Patient:innen nicht zu lange warten zu lassen, weil manche Patient:innen sonst den Mut verlieren. Unbedingt ist die Telefonnummer der Patient:innen zu erfragen, für den Fall, dass einem selbst etwas dazwischenkommt. Außerdem wird geklärt, ob die Praxisadresse bekannt ist. Zu beschreiben sind eventuell auch der Weg, Parkmöglichkeiten (Hinweis auf eventuelle Parkscheinpflicht), behindertengerechte Zugänge, Lift usw.

imagesEs können bereits im ersten telefonischen Kontakt weitere Fragen aufkommen, etwa:

nach der Höhe des Honorars

nach der Bezahlung (bar oder per Überweisung) und Verfügbarkeit eines Bankomaten

ob ein Krankenkassenplatz verfügbar ist

ob um eine Teilkostenrückerstattung bei der zuständigen Krankenkasse angesucht werden kann

nach der Therapierichtung

nach der Therapiefrequenz

All das sind wichtige Informationen, die für Patient:innen die Hemmschwelle zur Psychotherapie senken, da sie im Vorfeld bereits Klarheit schaffen. Therapeut:innen machen diese Fragen entweder selbst zum Thema oder gehen erst auf sie ein, wenn die Patient:innen sie stellen. Beide Zugänge haben Vor- und Nachteile. Hat man bereits im Telefonat über die möglichen Rahmenbedingungen aufgeklärt, können die Patient:innen schon vor dem Erstgespräch feststellen, ob die Bedingungen für sie passen. Gerade die Information über die Möglichkeit, einen Kassenplatz zu bekommen, ist für viele Patient:innen entscheidend (Längle, 2011).

3Psychotherapeut:in und Patient:in lernen sich kennen

Dieser Abschnitt behandelt jene Punkte, die im Rahmen einer Settingklärung verständlich thematisiert und dokumentiert werden müssen. Es geht also darum, was während des Erstgesprächs besprochen und dokumentiert wird.

imagesVorgaben für die schriftliche Dokumentation gehören auch zum Setting, sind aber sehr umfangreich und werden daher ausführlich im Kapitel „Ethische Richtlinien, Berufskodex“ (S. 74) beschrieben.

3.1Inhaltliche Klärung

imagesHintergrund erfragen

Für den Aufbau einer funktionierenden Praxis ist es interessant zu wissen, woher die Patient:innen kommen, wie sie hergefunden haben, wer sie vermittelt hat, auf wessen Empfehlung sie kommen. „Darf ich fragen, über wen Sie zu mir kommen bzw. wie Sie mich gefunden haben?“ Diese Frage gibt gleichzeitig Aufschluss über die Motivation der Patient:innen.

Anamnese

Dabei geht es um eine Erhebung der Lebensgeschichte und das Erfassen von Vorbedingungen, die zur gegenwärtigen Situation und Störungssymptomatik der Patient:innen geführt haben. Das verschafft einen ersten Eindruck, um einen Plan für die weiterführende Therapie erstellen zu können.

Definieren der Therapieziele

Man kann anfragen, welche Zielvorstellung die Patient:innen haben, was sie als Erfolg definieren würden, was sie sich von der therapeutischen Unterstützung erwarten. Es ist mit den Patient:innen zu besprechen, wie eine Besserung für sie aussehen könnte beziehungsweise an welchen Veränderungen sie diese festmachen würden. Dementsprechend können Zwischenschritte im Prozess bestimmt werden, entlang derer man die Zielerreichung gemeinsam überprüft. Es empfiehlt sich, die Patient:innen zu fragen:

imagesWas konkret würde sich in ihrem Leben verändern, wenn die Therapie gut verläuft?

Was kann ihr eigener Beitrag zu dieser Veränderung sein?

Wobei soll die Therapeutin/der Therapeut sie unterstützen?

Dadurch wird eine wichtige Klarstellung erreicht: Therapeut:innen verursachen die Veränderung nicht alleine, sondern sie begleiten die Patient:innen auf ihrem Weg zur Veränderung.

Es kann durchaus sein, dass im Rückblick die erreichten Erfolge für die Patient:innen kleiner aussehen als das Problem zu Beginn erschien. Das liegt daran, dass sie im Rückblick tendenziell eher das sehen, was noch offenbleibt, als das, was schon gelungen ist. Diesbezüglich könnte das Führen eines begleitenden Therapietagebuches angeregt werden. Manchen Patient:innen ist es eine Hilfe, nachsehen zu können, wie es ihnen auf ihrem Weg ging und woran sie gearbeitet haben.

Außerdem ist hinsichtlich der Therapieziele zu unterscheiden, ob es um die kurzfristige Bearbeitung eines aktuellen Problems gehen soll oder um eine langfristige Persönlichkeitsentwicklung: Möchten die Patient:innen zum Beispiel von einem Symptom loskommen und sind dann zufrieden, wenn sie Mittel und Wege dafür erarbeitet haben? Oder möchten sie ihre Persönlichkeitsstruktur kennenlernen, wachsen, nachreifen und wiederkehrende Schwierigkeiten verstehen und ändern?

3.2 Formale Klärung

imagesLänge der Einheit

Das sind in der Regel zwischen 45 und 60 Minuten, wenn es sich nicht um Paartherapie oder Familientermine handelt. Es ist zu überlegen, ob für die Patient:innen eventuell längere Einheiten günstig wären, etwa wenn sie lange Anfahrtswege zu überwinden haben. Längere Einheiten haben den Vorteil, dass weniger zeitlicher Druck aufkommt. Bei Patient:innen, denen es schwerfällt, sich zu strukturieren, ist eine verlängerte Einheit allerdings nicht immer empfehlenswert. Es gilt, den Stundenablauf zu beobachten und danach das passende Setting gemeinsam mit den Patient:innen zu finden. Manche Patient:innen benötigen den ersten Teil der Einheit, um sich zu entlasten, und sind dann erst bereit, sich konzentriert auf ein Thema einzulassen. Prinzipiell haben Therapeut:innen immer eine Abstimmung anzustreben zwischen der jeweiligen speziellen Situation und dem Menschen, mit dem sie gerade arbeiten.

Form der Bezahlung

imagesDie Einheiten können bar oder per Überweisung bezahlt werden. Genauere Ausführungen dazu finden sich im Kapitel „Versicherungen, Steuern und Buchhaltung“ (S. 56). Hier sei nur kurz angemerkt, dass Psychotherapeut:innen per Gesetz eine Belegerteilungspflicht haben.

Erreichbarkeit

Wann sind Therapeut:innen unter der Woche erreichbar für den Fall, dass die Patient:innen absagen oder verschieben müssen? Und wie ist das in Krisenfällen? Diese Fragen sind ebenso zu besprechen wie längere Abwesenheiten der Therapeut:innen, eine mögliche Urlaubsvertretung und die Erreichbarkeit von Institutionen während des Urlaubs, am Wochenende oder in der Nacht. Der Berufskodex sagt dazu, dass Therapeut:innen ihren Urlaub zeitgerecht ankündigen müssen, um Patient:innen die Möglichkeit zu geben, sich auf die Unterbrechung der Psychotherapie einzustellen.

Absageregelung

Psychotherapeut:innen haben die Pflicht, Absage- und – wie oben bereits erwähnt –, Urlaubsregelungen zu vereinbaren. Diese müssen innerhalb der ersten beiden Stunden besprochen werden. Der Berufskodex stellt die Verantwortung der Psychotherapeut:innen klar, den Patient:innen verlässlich und kontinuierlich Zeit zur Verfügung zu stellen und diese auch freizuhalten. In diesem Sinne entstehen den Patient:innen innerhalb einer Absagefrist (in der Regel bis längstens 48 Stunden vor dem geplanten Termin) keine Kosten. Psychotherapeut:innen sind laut Kodex auch verpflichtet, das vereinbarte Entgelt für nicht rechtzeitig abgesagte Einheiten nur dann zu berechnen, wenn sie sich infolge der Absage des Termins weder etwas erspart noch durch anderweitige Verwendung Freiraum erworben haben. Wenn also zum Beispiel Randstunden ausfallen, wodurch Therapeut:innen später kommen oder früher gehen können, oder auch wenn sie die Zeit für andere anfallende Arbeiten nutzen können, dann soll kein Entgelt erhoben werden.

Häufiges kurzfristiges Fernbleiben von vereinbarten Einheiten muss innerhalb der Psychotherapie thematisiert werden. Dabei ist vonseiten der Therapeut:innen darauf zu achten, dass sie sowohl im klärenden Gespräch als auch in der weiteren therapeutischen Beziehung eine reflektierte Haltung einnehmen und sich mit etwaigen negativen Affekten auseinandersetzen. Ein unbedingtes Festhalten an der Absageregelung könnte unter Umständen das Vertrauensverhältnis und die damit verbundene psychotherapeutische Beziehung belasten. Der Berufskodex empfiehlt hier, diese Problematik je nach Schule und Haltung gut zu bearbeiten, um zu einer konstruktiven Lösung zu gelangen.

Verschwiegenheitspflicht

imagesWas bedeutet sie genau? Wem dürfen Therapeut:innen welche Auskünfte geben? Was dürfen Therapeut:innen schreiben? Wie werden Kontakte zu anderen Professionist:innen und Angehörigen gehandhabt? Da dieses Thema sehr umfangreich ist, gibt es vertiefende Informationen im Kapitel „Ethische Richtlinien, Berufskodex“, S. 74.

Frequenz

In der Psychotherapie arbeiten wir standardmäßig einmal pro Woche miteinander. Diese Frequenz ist allerdings variabel zu gestalten: engere Abstände in Krisen, gegen Ende der Therapie weitere Abstände. Je nach Bedarf können auch eineinhalb Einheiten oder Doppelstunden in vierzehntägiger Frequenz vereinbart werden.

Bei wöchentlichen Fixstunden haben die Patient:innen jede Woche eine fixe Einheit am gleichen Wochentag zur gleichen Stunde. Dies bietet Sicherheit, die für ängstliche und zwanghafte Menschen von Bedeutung ist, sowie eine bessere Planbarkeit für berufstätige Menschen und Schüler:innen. Auf der anderen Seite könnten Fixstunden als rigide empfunden werden und öfters zu Stundenausfällen führen (etwa durch Feiertage oder unaufschiebbare berufliche Termine). Therapeut:innen müssen selbst für sich entscheiden, ob sie solche Fixstunden anbieten können und wollen. Die Überlegung der Verlässlichkeit, die Fixstunde auch tatsächlich einhalten zu können, hat Priorität. Es gibt diesbezüglich schulenspezifische Unterschiede.

Dauer

Von Patient:innen kann die Frage nach der Dauer der geplanten Psychotherapie kommen. Es liegt in der Verantwortung der Psychotherapeut:innen, den Patient:innen zu vermitteln, dass die Dauer einer Psychotherapie sehr individuell ist, je nachdem wie viele Blockaden bestehen, wie resilient die Patient:innen sind und ob bei dem Problem biografisch zu arbeiten ist. Schließlich hängt die Dauer wesentlich von der Diagnose ab. Auch hier obliegt den Psychotherapeut:innen die Verantwortung einer guten Diagnosefähigkeit und des Wissens, dass unterschiedliche Erkrankungen unterschiedlich lange Behandlungsprozesse bedingen. Der Berufskodex sagt dazu, dass die Verpflichtung zu einer sorgfältigen Abklärung der Verhaltensstörungen oder Leidenszustände besteht, wozu gegebenenfalls andere Berufsgruppen des Gesundheitswesens, wie Fachärzt:innen und Psycholog:innen, hinzuzuziehen sind.

Motivation für die Therapie

Mitunter wird die Therapie von außen gewünscht, also von Angehörigen, Arbeitgeber:innen, Lehrer:innen etc. Ein solcher Umstand sollte besprochen werden, etwa mit Fragen wie: „Wie geht es Ihnen damit? Wie sehen Sie das? Was bedeutet das für Sie? Ist das auch Ihr Wunsch? Finden Sie das im Moment stimmig?“ Wesentlich ist immer die Eigenmotivation der Patient:innen zu einer Psychotherapie im gegenwärtigen Augenblick, damit sie den größtmöglichen Nutzen davon haben. Auch der Berufskodex hebt die strikte Wahrung des Grundsatzes der Freiwilligkeit zur Behandlung hervor. Es muss prinzipiell eine Einwilligung zur Behandlung vonseiten der Patient:innen bestehen.

Zusammenfassend formuliert der Berufskodex die Verpflichtung der Psychotherapeut:innen und das Recht der Patient:innen auf umfassende Aufklärung, insbesondere über Art und Umfang der geplanten psychotherapeutischen Behandlung. Diese Aufklärung umfasst Setting, Frequenz, allfällige Gesamtdauer (soweit abschätzbar), Honorierung und alle sonstigen Informationen, die zur Klärung dieses besonderen Arbeitsverhältnisses erforderlich sind.

Im Anschluss an die im Erstgespräch erhobene Anamnese und die Klärung des Settings nehmen Psychotherapeut:innen eine Problemdefinition vor sowie eine Strukturierung, welches Thema im Vordergrund steht und zuerst bearbeitet werden sollte. Daraus ergibt sich das Angebot einer Therapie oder eine andere Vorgehensweise. Es muss klar aus der Besprechung hervorgehen, dass es sich beim Eingehen einer Psychotherapie um eine Verbindlichkeit handelt.

4Zusammenarbeit mit anderen Professionist:innen und Angehörigen

imagesAuch dieses Thema wird im Kapitel „Zusammenarbeit von Psychotherapeut:innen mit Ärzt:innen und Vertreter:innen anderer Berufsgruppen“ (siehe S. 94) vertieft. Hier nur in Kürze: Psychotherapeut:innen haben die Grenzen ihrer Profession zu beachten. Sie dürfen niemals Ratschläge geben, die in eine andere Profession fallen, zum Beispiel in eine medizinische oder juristische.

imagesWenn Angehörige anrufen, muss das mit den Patient:innen besprochen werden. Den Angehörigen sind keine Auskünfte zu geben und es sind keine anzunehmen. Ebenso werden Angehörige darüber aufgeklärt, dass ihr Anruf mit der Patientin/dem Patienten besprochen wird. Sollten Patient:innen ein Angehörigengespräch explizit wünschen, sind Ablauf und Inhalt vorab genau mit ihnen abzustimmen (Längle, 2011). Dies gilt für erwachsene Patient:innen. Die Vorgangsweise zum Kontakt mit Angehörigen von Kindern und Jugendlichen wird im Kapitel „Wahl und Ausstattung der Praxis sowie rechtliche Aspekte bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“ (siehe ab S. 170) erörtert, da es sich um ein Spezialgebiet handelt.

5Grundhaltung und Verlauf der Gespräche

5.1 Die personale Grundhaltung

imagesAls Psychotherapeut:innen verhalten wir uns dem Berufskodex entsprechend und beachten die ethischen Richtlinien. Im Kapitel „Ethische Richtlinien, Berufskodex“ (siehe S. 74) wird dies ausführlich besprochen.

Formal gibt es eine Hierarchie in der gemeinsamen Arbeit: die Therapeut:innen als Expert:innen in einem Gesundheitsberuf, die Patient:innen als Hilfesuchende. Therapeut:innen haben damit Wissen und Verantwortung, mit der sie entsprechend ethisch umgehen müssen. Auf der personalen Ebene gilt Gleichwertigkeit, Achtung und Respekt zwischen den beiden Personen, die sich für eine gemeinsame Arbeit entscheiden.

5.2 Eigenverantwortung und Selbstwirksamkeit der Patient:innen

Achtsamkeit ist auch hinsichtlich einer Instrumentalisierung seitens der Patient:innen geboten – im Sinne von: „Sagen Sie mir, was ich machen soll.“ Darauf ist gut zu antworten, dass es im therapeutischen Prozess darum geht, gemeinsam zu schauen und nicht für die Patient:innen zu entscheiden. Das würde die Patient:innen andernfalls von einer Unfreiheit in die nächste bringen.

5.3 Störfelder

Hilfreich ist zudem die Vereinbarung, eventuell auftretende Unsicherheiten und Störendes anzusprechen. Dem Einvernehmen nach kann das von den Patient:innen, aber auch von den Therapeut:innen ausgehen.

images

5.4 Strukturierung der Einheit

Eine Psychotherapieeinheit umspannt mehrere Teilbereiche. Die Patient:innen müssen in Ruhe ankommen können, um sich gut einzufinden und einzulassen. In der Regel fragen Psychotherapeut:innen erst einmal an, wie die Patient:innen gerade im Leben stehen und ob es Besonderheiten seit der letzten Sitzung gegeben hat. Was sie seither beschäftigt, ob sie anknüpfen können oder ob heute etwas anderes wichtiger ist. Danach folgt die Vertiefung in ein spezielles Problem oder Thema mittels einer entsprechenden psychotherapeutischen Methode und gegen Ende der Einheit fassen die Psychotherapeut:innen zusammen und runden das Erarbeitete ab. Einige Minuten vor dem Ende der Stunde kann es notwendig sein, darauf hinzuweisen, dass sich die Einheit langsam dem Schluss nähert.

5.5 Beenden der Einheit und Überziehen

Das Überziehen von Therapieeinheiten wird in den vielfältigen therapeutischen Schulen unterschiedlich gehandhabt. Es gibt mögliche Gründe für das Überziehen, die man genau betrachten muss. Befinden sich Patient:innen in einer akuten Krise oder sind suizidal, kann ein Überziehen angebracht sein. Neigen Patient:innen immer wieder dazu, brisante Themen erst gegen Ende der Einheit anzusprechen und somit ein Überziehen zu provozieren, muss der Grund dafür thematisiert werden. Es kann durchaus sein, dass Patient:innen die Einheit ausdehnen wollen, etwa weil sie länger als 50 Minuten brauchen, um ins Thema zu kommen, oder weil sie möchten, dass sich die Therapeut:innen mehr Zeit nehmen, und vieles mehr. Wird immer wieder überzogen, weil die Patient:innen nicht zum Ende finden oder die Einheiten in die Länge ziehen, hilft ein deutliches Hinweisen auf die Zeitstruktur und auf das etwaige Bezahlen der überzogenen Zeit. Liegt der Grund des Überziehens auf der Seite der Therapeut:innen, ist das ein Thema für die Supervision beziehungsweise weiterführend die Selbsterfahrung.

5.6 Zusatztermine

imagesWenn Zusatztermine von Patient:innen angefragt werden, ist individuell zu schauen, warum sie den Patient:innen wichtig sind:

Handelt es sich um eine Krise, die eine engmaschigere Betreuung nahelegt?

Befindet sich die Therapie gerade in einem intensiven Prozess, in dem möglicherweise Schmerz und Trauer gut begleitet werden sollten?

Suchen die Patient:innen Gesprächspartner:innen oder Freund:innen, die ihnen so häufig wie möglich zur Verfügung stehen?

Führt etwa eine Selbstwertunsicherheit zu dem Wunsch, die Therapeut:innen möglichst oft zu sehen?

Je nach Sachlage ist gemeinsam mit den Patient:innen das für diese förderliche Vorgehen zu besprechen.

imagesLiteratur

Längle, A. (2011). Grundlagen für die Praxis der Beratung und Therapie. Unterlagen für Ausbildner. 5. überarb. Aufl.

imagesGesetze und Richtlinien

Berufskodex für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. BMSGPK, 2020. Abrufunterhttps://www.sozialministerium.at/dam/jcr:dea97f39-8567-4677a84b-747fc49612a2/Berufskodex.pdf (18.01.2022).

Selbstpräsentation und Werbung im digitalen Zeitalter

Sandra Hren

Das Thema Werbung ist heute größer und umfangreicher denn je und es kann im ersten Moment einschüchternd wirken, sich damit auseinanderzusetzen. Wo soll man anfangen, was ist zu Beginn wichtig und was hat Zeit bis später? Womit möchte man sich selbst beschäftigen, was muss man lernen und was kann man an jemand anderen weitergeben? Und wie teuer ist das alles?

Zusätzlich ist Werbung oft ein unliebsames Thema. Der Gedanke, die eigenen Leistungen zu „verkaufen“, verursacht manchem ein mulmiges Gefühl und dann gibt es da ja auch noch die Werberichtlinie, die für Verunsicherung sorgt. Auf der anderen Seite der Überlegungen steht gerade bei der ersten eigenen Praxis die Frage, ob und wann sich diese wirtschaftlich tragen wird. Im Gegensatz zu einer Anstellung, wo Fälle zugewiesen werden, bedeutet der Schritt in die eigene Praxis, dass man selbst aktiv werden muss, um neue „Kund:innen“ zu gewinnen.

War man früher hauptsächlich auf die Überweisung von Kolleg:innen angewiesen und hat seine Visitenkarten in sämtlichen Arztpraxen der Umgebung deponiert – übrigens auch heute noch eine gute Idee –, so bietet mittlerweile das Internet die Möglichkeit, mit relativ geringem Aufwand auf den Bildschirmen vieler potenzieller Klient:innen zu erscheinen.

Werbung und Marketing muss bzw. darf nicht marktschreierisch oder aufdringlich sein. Werbung bedeutet auch nicht, Leistungen aufzudrängen oder aufzuzwingen. Durch den Berufskodex sind Psychotherapeut:innen dazu verpflichtet, wahre und sachliche Gesichtspunkte vor die kommerzielle Seite zu stellen. Es geht darum, die eigenen Dienstleistungen anzubieten, auf eine ehrliche, fachlich kompetente und informative Art und Weise.

1Der erste Schritt: Wen möchte ich ansprechen

Werbung beginnt nicht bei der Erstellung einer Webseite oder eines Praxisschildes. Werbung beginnt viel früher. Der erste Schritt zu einem Werbekonzept sind Überlegungen hinsichtlich der zukünftigen Klient:innen.

Ein wichtiger Grundsatz von Werbung lautet, dass man wissen muss, für wen sie bestimmt ist. Dafür legt man zuerst die Gruppe von Personen fest, die das Angebot ansprechen soll. Vielleicht können Sie nur eine kleine Gruppe an Personen ausschließen, weil Sie zum Beispiel keine Kinder- und Jugendtherapie anbieten oder nicht mit schizophrenen Patient:innen arbeiten möchten. Damit haben Sie bereits den Anfang gemacht.

imagesStellen Sie sich nun vor, Sie haben ein Erstgespräch und begegnen Ihrer idealen Klientin. Wie sieht diese Person aus, weswegen kommt sie in Ihre Praxis, warum passt diese Person so gut zu Ihrem Angebot? Welche Bedürfnisse hat sie, welche Sorgen, Nöte und Ängste beschäftigen Ihren „idealen“ Klienten? Welche Informationen können helfen, diese Ängste abzubauen und ein gutes Gesprächsklima herzustellen?

Schritt eins unterstützt Sie bei der Auswahl der Inhalte für Ihre Werbemittel. Indem Sie sich in Ihre zukünftigen Klient:innen hineinversetzen, können Sie herausfinden, welche Inhalte für interessierte Personen von Relevanz sind und welche Informationen auf Ihrer Webseite oder Ihren anderen Werbemitteln vorkommen sollten.

2Der zweite Schritt: Wie will ich mich präsentieren

Dies betrifft Überlegungen zu Ihrer eigenen Person. Wenn Sie gerade Ihre erste eigene Praxis eingerichtet haben oder schon einmal in eine neue Praxis umgezogen sind, haben Sie sich bestimmt viele Gedanken zur Einrichtung gemacht – eventuell die Wände gestrichen und sich kleine Details überlegt. All dies hilft dabei, sich selbst wohlzufühlen und auch für die Klient:innen eine Atmosphäre zu schaffen, die heilsam ist und in der Begegnung stattfinden kann. Auch ein Erstgespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen und zur Klärung der Frage „Stimmt die Chemie?“. Daraufhin fällt die Entscheidung, ob man miteinander arbeiten möchte.

Dieselbe Aufgabe haben Werbemittel. Zum Beispiel bietet eine Webseite zukünftigen Klient:innen einen Einblick in Ihre Praxis und einen ersten Eindruck von Ihrer Person. Wenn es gelingt, dass Ihre Werbemittel, Ihre Praxis und Ihre Person mit ähnlichen Worten beschrieben werden, ist die Chance sehr hoch, dass genau die Klient:innen ein Erstgespräch vereinbaren, bei denen „die Chemie stimmt“.

Gleichzeitig helfen Ihnen diese Überlegungen bei der Gestaltung ihrer Werbemittel, indem Sie schon im Vorfeld definieren, welchen Eindruck Sie erzeugen möchten. Wenn Sie selbst absolut begeistert von Ihren Werbemitteln sind und Ihre Webseite aus Ihrer eigenen Sicht sehr gut gelungen ist, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Ihr gewähltes Design Sie als Person gut repräsentiert.

Um mit einer beauftragten Grafikerin sprechen zu können, müssen Sie jedoch versuchen, Ihren Geschmack, Ihre Person und Ihre Designwünsche in Begriffe zu fassen.

Autor

  • Helene Drexler (Herausgeber:in)

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Titel: Gründung einer psychotherapeutischen Praxis